Weidetierrisse und kein Ende - Erklärung der Rosenthaler Schäfer

Vor fünf Jahren siedelte sich hier ein Wolfspaar an, welches das Rosenthaler Rudel gründete. Bis zu dieser Zeit hatte es in dem Streifen zwischen Bautzen und Wittichenau in 5 Jahren ganze 13 Risse von Weidetieren gegeben, die dem Wolf zugeschrieben wurden. Das sollte sich dann schnell ändern. So waren seitdem jährlich regelmäßig über 10, in der Spitze 15 Risse zu verzeichnen, die inzwischen fast 250 unserer Tiere das Leben gekostet haben. Eine erhebliche Zahl verletzter und vermisster Tiere kommt hinzu.

Wir haben den Herdenschutz verbessert, so gut wir konnten, mancher Hinweis und manche Forderung der Herdenschutzberater war dabei ganz einfach nicht praktikabel. Sie nicht zu befolgen, wurde als Böswilligkeit ausgelegt. Dabei ist aus allen Wolfsländern in der EU bekannt, dass Wölfe jeden in der praktischen Tierhaltung verwendeten Zaun überwinden, solange von diesem Hindernis keine direkte Gefahr für sie ausgeht. Das hindert das sächsische Wolfsmanagement nicht daran, jetzt einen Feldversuch anzubieten, ob es nicht vielleicht doch noch eine Möglichkeit gibt. Wo soll das bitte hinführen? Der ultimativ wolfssichere Zaun steht im Wildgehege Moritzburg.

Wir halten Weidetiere und produzieren hochwertige Lebensmittel. Unsere Schafe sind weder Versuchstiere noch Wolfsfutter! Wir wollen unseren Tieren optimale Lebensbedingungen bieten. Die Gesellschaft fordert das Tierwohl. Was wir hier in fünf Jahren erlebt haben ist fast 250-mal Tierleid, und wir leiden mit. Jeder Gang, jede Fahrt zur Koppel ist von der Sorge begleitet, wieder Kadaver und leidende Tiere vorzufinden. Manches Schaf, welches hier gerissen wurde, hatte einen Namen und wurde zur Freude der Kinder und Enkel gehalten. Diese Kinder lernen ein neues Naturverständnis.

Dabei sind diese seit 2013 mindestens 66 Rissereignisse im Rosenthaler Territorium kein Geschehen, das irgendwo in abgelegenen Winkeln im Busche passiert. Nein, wir hatten Risse in und an den Dörfern und die Wölfe fühlen sich bei uns so wohl, dass sie inzwischen im Dorf Cunnewitz die Damhirsche zwischen den Häusern jagen. Sicher, es war der hier in Sachsen der erste Fall dieser Art, aber er wird kein Einzelfall bleiben. Die Wölfe haben erfolgreich gejagt, sie wurden satt, hatten nichts zu befürchten und sie werden wiederkommen.

Spätestens beim Umgang des Wolfsbüros mit diesem Ereignis wird uns hier in den Dörfern klar, dass wir für diese Einrichtung des Freistaates Sachsen eher ein Störfaktor sind. Nachdem man überhaupt jemanden dort erreicht hatte, erklärte man sich für nicht zuständig. Es seien ja keine Weidetiere betroffen.

Entschuldigung: Ein ausgewachsener Damhirsch war nachts in Panik ins Dorf geflüchtet, hatte dort fünf Zäune umgerannt und endete mit dem Kehlbiss eines Wolfes auf einem Hausgrundstück. Der vom Lärm aufgeschreckte Hausbesitzer leuchtet in den Garten und sieht neben dem toten Hirsch einen Wolf, der sich nur unwillig von seiner Beute entfernt. Satt geworden ist das Rudel am Dorfrand, wo es einen zweiten Damhirsch erbeutete.

Auch bis hierhin wollen wir noch ruhig und sachlich der Geschichte folgen. Wenn aber dann der Beobachter des Geschehens im Nachbargarten von einem Vertreter des Büros LUPUS ins Kreuzverhör genommen wird, ob er denn wirklich dort einen Wolf gesehen habe und er dessen Augenfarbe sicher bestimmen könne. Es bedarf nur geringen Verstandes, dass kein anderes Raubtier als der Wolfin unserer Region in der Lage ist, Damwild in ein Dorf hinein zu hetzen. Wären wildernde oder streunende Hunde rund um Cunnewitz für das Wild eine Gefahr, würde es nicht tagsüber dort in Rudeln zu sehen sein und bei Gefahr ins Dorf flüchten. Es gäbe auch keine Angstrudel rund um unsere Dörfer.

Damit nicht genug, es gab auch einen „Entnahmeantrag“ für das Rosenthaler Rudel, welches nach Schweizer Maßstäben bereits 10-mal hätte entnommen werden müssen. Man hat dort deutlich weniger Wölfe als hier, aber deutlich mehr Achtung vor der Weidewirtschaft. Es ist zu akzeptieren, dass dieser Antrag und dessen Kommentierung nicht dem behördlichen Instanzenweg entsprachen. Wir Schäfer sind nun einmal keine Verwaltungsexperten.

Wenn es aber im Antwortschreiben des SMUL vom 02.08. heißt, Zitat: “Dazu gehört seitens der Tierhalter die Beachtung der empfohlenen Herdenschutzmaßnahmen. Bei den von Ihnen genannten sechs Übergriffen mit 76 toten und acht verletzten Schafen war dies nicht gegeben.“, Unkenntnis des Verfassers darf bei einem Ministerialbeamten nicht unterstellt werden, aber eine bewusste Falschdarstellung von Seiten des Staatsministeriums wäre nicht entschuldbar.

In diesem Stil sollten wir bitte nicht miteinander umgehen. Der Text dieses Schreibens muss nicht weiter öffentlich diskutiert werden. Wir brauchen pragmatische Lösungen zum artgerechten Erhalt unserer Weidetiere und der Erhaltung unserer Betriebe. Wer die Akzeptanz des Wolfes will, hat der ökologisch wertvollen und gesellschaftlich geforderten Weidetierhaltung den Bestand zu sichern.

Deutschland ist dabei das einzige Land in der EU, in dem aus Gründen des Herdenschutzes noch kein Wolf geschossen wurde. Alle anderen Länder haben verstanden, dass eine friedliche Koexistenz mit dem Wolf sehr schnell ihre Grenzen erreicht. Wir brauchen ein Wolfsmanagement, welches nicht nur das grausame Geschehen verwaltet. Wir erwarten, dass wie in vielen unserer Nachbarländer bei Bedarf aktiv eingegriffen wird. Das europäische Recht sieht es ausdrücklich vor. Das deutsche Recht gibt es ebenfalls her.

Wir erwarten, dass sich der Freistaat Sachsen dafür erkennbar und erfolgreich einsetzt.

Für die

Rosenthaler Schäfer

Martin Just

und

Gerhard Schmidt